Interview mit Christian Landolt


Christian Landolt als Richter in Bromont

 

Wie bist Du zum Dressurrichten gekommen, wann hast Du angefangen damit?
I came home from an event one day and was quite unhappy with the judges. My trainer at the time Stephen Clarke - who is now Chairman of the FEI dressage judges club - asked me what would I do about this bad judging? When I had no constructive reply, he told me to start judging myself and then hopefully I would be able to change things from within instead of simply moan about it. The rest is history…

Ich bin von einem Turnier nach Hause gefahren und war ziemlich unzufrieden mit den Dressurrichtern und deren Benotung. Mein damaliger Trainer Stephen Clarke -  jetziger Chairman des FEI Dressur Richter Clubs - fragte mich, was ich gegen dieses schlechte Dressurrichten unternehmen wolle. Weil ich darauf keine konstruktiven Ideen hatte, meinte er, ich solle doch selbst zu Richten beginnen, um so hoffentlich direkt etwas verändern können, statt immer nur darüber zu klagen. Der Rest ist Geschichte...


Christian Landolt mit seinem CC-Pferd Billy be Better


Wie beurteilst Du die Entwicklung der Dressur in den vergangenen Jahren im CC Sport, was hat sich am meisten verändert?
The standard of dressage has improved tremendously over the past 10-15 years, proof is that in OG in Hong Kong we had ten combinations scoring over 75%. Previously riders were just going through the motions of the test, trying to simply manage the movements. Nowadays this is no longer enough, the quality of the training has come to the forefront as well. Correct training is paramount in order to be successful these days.

Der Standard der Dressur hat sich über die letzten 10-15 Jahre enorm gesteigert. An den Olympischen Spielen in Hong Kong hatten wir zehn Paare, welche mit über 75% benotet wurden. Davor spulten die Reiter einfach das Dressurprogramm runter, in der Hoffung die Lektionen einigermassen korrekt ausführen zu können. Diese Reitweise reicht heutzutage nicht mehr, schon im Training muss die Qualität der Bewegungen und Aufgaben im Vordergrund stehen. Für den Erfolg hat ein korrektes Training höchste Bedeutung.


Christian Landolt auf seinem Dressurpferd Don Jovi, siegreich auf Niveau St.Georg/Inter 1 und bald im Grandprix anzutreffen.


Gibt es einen Unterschied zwischen der Art wie in Deutschland Dressur geritten wird und den in England basierten Reitern?
We all know the Germans are very correct and very dedicated workers! In GB the standard has risen dramatically, but it is generally still lagging behind the German’s quality. The quality of the balance and transitions is still what is still generally failing in GB.

Wir alle kennen die sehr korrekte und sehr engagierte und ehrgeizige Reitweise der deutschen Reiter! In Grossbritannien ist der Standard über die letzten Jahre dramatisch angestiegen, aber noch immer weit hinter der Qualität der Deutschen. Generell kann man sagen, dass die Reiter aus Grossbritannien immer noch Mühe mit der Balance und den Übergängen haben.


Gibt es einen Zusammenhang zwischen den gestiegenen Anforderungen in der Dressur und der Art des Geländebaus?
Of course! It goes without saying there is a link between dressage and XC or vice versa. Indeed one could argue that the technicality of the XC and the narrow fences have forced people to have better trained horses, although without a good dressage score it is almost impossible to win these days.

Ja natürlich! Es ist unmissverständlich, dass ein Zusammenhang zwischen Dressur und Gelände besteht, wie auch umgekehrt. Die technischen Anforderungen auf der Geländestrecke samt all den schmalen Hindernissen erfordern, dass die Reiter ihre Pferde besser ausbilden, obschon es heutzutage fast unmöglich ist, ohne gute Dressur die Prüfung zu gewinnen.


Wie sieht das heutige ideale CC Pferd aus Deiner Sicht aus? Ist es ein anderer Typ als früher?
In my opinion the ideal horse  has changed very little. Of course the stamina test of the competitions may have diminished, but the shorter twistier courses with their increased ratio of jumps on set distances means that a very quick horse is needed as previously. The changes in rhythm dictated by the modern courses are just as demanding on a horse as previously and so I believe throroughbreds or very close to are still the ultimate event horses. The standard of jumping and dressage means however that a smaller percentages of the thoroughbreds will make it to the top compared to previously.     

Meiner Meinung nach hat sich das ideale CC-Pferd kaum geändert. Natürlich fällt die Komponente "Ausdauer" in den Prüfungen viel kleiner aus, aber dadurch, dass auf kürzeren und wendigeren Strecken mehr Hindernisse und Sprungkombinationen zu bewältigen sind, braucht es immer noch sehr flinke und schnelle Pferde. Besonders die Rhythmus- und Tempounterschiede der heutigen modernen Kurse sind genauso anspruchsvoll und verlangen viel von einem Pferd ab, was meiner Ansicht nach besonders von Vollblütern am besten bewältigt werden kann. Der Standard von Springen und Dressur zeigt dennoch, dass es ein kleinerer Prozentsatz an Vollblütern schafft, den Weg an die Spitze zu schaffen, im Vergleich zu früher.


Du lebst seit 25 Jahren in England, ganz in der Nähe von Badminton. Kannst Du bitte einen Vergleich mit englischen Prüfungen und Prüfungen auf den Kontinent machen?
To be honest I think these days events in the main equestrian countries  of Europe are just as strong and educative as in GB. 

Ehrlich gesagt, die Turniere in den wichtigsten Pferdesportländern in Europa sind auf ebenso hohem Niveau und lehrreich wie in Grossbritannien.


Weshalb gehen auch heute noch alle, die es an die Spitze bringen wollen, nach England um zu lernen?
GB has an incredible amount of competitions on a weekly basis, this I believe is the main advantage of being here. Of course it has always been the “home” of eventing and many top riders and trainers are based here making the education easier to get.

Der grosse Vorteil und Hauptunterschied liegt in der Anzahl Turniere, welche wöchentlich in ganz Grossbritannien stattfinden. Ausserdem war GB schon immer die Ur-Heimat der Vielseitigkeit und viele Top-Reiter und Trainer lassen sich hier nieder, was es wiederum für weitere Reiter einfacher macht, gute Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten zu erhalten.


Welchen Stellenwert hat die Galopparbeit, das Galopptraining im heutigen Prüfungsformat?
Generally people are doing more short fast gallops up hills rather than the old interval trainings. This in order to keep the horses fresher and put less mileage on the their legs.

Generell werden die Pferde nicht mehr mit Intervall-Training fit gemacht, sondern vermehrt über kurze schnelle Berg-Galopps trainiert. Dies hat den Effekt, dass die Pferde frischer sind und weniger Kilometer in den Beinen haben.


Wie ist Deine Prognose für die zukünftige Entwicklung des CC Sportes?
This is a hard one to answer, and only the FEI governing bodies may have the answer. Personally, I would like to see some older values brought back into the sport. With these short sharp XC younger riders seem to have lost the ability to ride tired horses and the feeling for a their horses. I think we must keep true horsemanship at the forefront of our sport.   

Diese Frage ist schwierig und nur die FEI vermag sie wahrscheinlich zu beantworten. Ich persönlich würde es begrüssen, wenn wieder vermehrt einige ursprüngliche Werte in den Sport zurückfinden würden. Mir scheint, dass aufgrund diesen vielen kurzen und schnellen XCs viele junge Reiter nie gelernt haben, ein Gefühl für ihre Pferde zu entwickeln, insbesondere für offensichtlich müde Pferde. Ich finde, echtes Horsemanship sollte für unseren Sport immer noch oberstes Gebot sein.


Woran liegt es aus Deiner Sicht, dass die Schweizer Mühe haben sich auf höchstem Niveau zu etablieren?
I have been away from Switzerland a long time now so I am not sure I can give a totally accurate evaluation. But two factors spring to mind: 1. The type and quality of horses are not always what is required to be competitive in top sport  2. The mindset of riders who are happy to be successful at home, but do not view their standard realistically once on the International scene. Although it can be tactically useful to use the FEI event in the Eastern part of Europe for qualification, it does not give a true reflection of the levels achieved, therefore bringing some disappointment once facing the European or world elite. An objective and realistic assessment of each competition is a must in order to be successful!

Es ist schon eine Weile her, da ich in der Schweiz weilte, und ich kann darum kaum eine ganz genau Analyse geben. Nichts desto trotz kommen mir zwei Faktoren in den Sinn: 1. Der Pferdetyp und die Pferdequalität entsprechen nicht immer dem, was es im Top-Sport braucht, um überhaupt mithalten zu können. 2. Viele Reiter schätzen ihre Fähigkeiten falsch und unrealistisch ein. Viele sind zwar zu Hause in der Schweiz erfolgreich und auch glücklich darüber, aber bei Teilnahmen an Top-besetzten Turnieren im Ausland werden sie dann von der Realität überrascht und sind enttäuscht über ihr schlechtes Abschneiden. Es kann in wenigen Fällen taktisch schon mal sinnvoll sein, sich an einem FEI-Turnier in Osteuropa eine Qualifizierung zu erreiten, aber diese entspricht oft nicht dem Niveau, welches an "westlichen" internationalen Turnieren gefordert wird. Diese Selbstüberschätzung führt wie gesagt immer wieder zu Enttäuschungen in Konkurrenz mit der gesamten Weltelite. Nach jeder Turnier-Teilnahme ist eine objektive und realistische Beurteilung der eigenen Leistung zwingend notwendig und wichtig, um weiterhin erfolgreich sein zu können.


Wie beurteilst Du die Geländestrecke der WM in diesem Jahr?
It is a Pierre Michelet track, so I guess we can expect a pretty big track, with forward distances, many skinnies and wide corners. However it is also the course designer’s job to bring in surprises and so I may be quite wrong!

Da es ein Pierre Michelet-Kurs wird, können wir eine ziemlich mächtige Geländestrecke erwarten, mit weiten Distanzen, vielen schmalen Hindernissen und breiten Ecken. Jedoch versucht jeder Kurs-Designer uns immer wieder zu überraschen. Ich könnte mich also auch täuschen!